Googles technische Neuheit, eine Datenbrille Namens Google Glass, stößt laut Medienberichten weltweit auf Kritik. Dieser Miniaturcomputer mit Brillenrahmen, welcher die Informationen auf einem kleinen durchsichtigen Sichtfeld des Nutzers einblendet, ist mit einer integrierter Digitalkamera und Internetanschluss ausgerüstet. Die Bedienung kann mittels Kopfbewegung, Stimme oder Touchpad erfolgen. Technisch ist die Brille in der Lage, unbemerkt Aufnahmen wie Fotos oder Videos durch die integrierte Digitalkamera zu erstellen und diese unmittelbar ins Internet zu übertragen. Diese Nutzungsmöglichkeiten lassen ernsthafte Bedenken bezüglich des Datenschutzes entstehen, denn die Aufnahmen nur durch Bewegungen sind für Umstehende unauffällig. Das Tragen der Datenbrille wird mittlerweile nicht überall gerne gesehen - die ersten Verbote in Casinos und Cafés sind ausgesprochen. Nun bleibt abzuwarten, inwiefern die Nutzung eingeschränkt oder verboten wird.

Aktuelle Meldungen informieren darüber, dass die US-Regierung mit dem Programm PRISM Daten von Facebook, Google, Microsoft, YouTube, Yahoo und Apple etc. abgreift. Dabei kann der Geheimdienst NSA und FBI direkt auf die Server der obigen Unternehmen zugreifen und Durchsuchungen starten.

Im Rahmen der zunehmenden Globalisierung und Digitalisierung wachsen die Herausforderungen im Blick auf Sicherheit und Strafverfolgung und dem entgegen auch die Herausforderungen im Blick auf die Durchsetzung von Grundrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien. Grenzübergreifende Zusammenarbeit ist hier unumgänglich. Doch wo finden sich nun die wahren Grenzen. Darüber wird in diesen Tagen hinsichtlich der grenzenlosen offenbar gewordenen Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA diskutiert. Wie weit geht die Sicherheitspolitik? „Wer die Freiheit auf Spiel setzt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren“, konstatierte der investigative Journalist Jonathan Franklin.

„Wer große Erwartungen an den Schutz durch den Staat hat, an die Gewährleistung von Freiheit und Sicherheit, der wird ihm den kontrollierten Zugriff auf vorhandene Daten zum Schutz von Leib und Leben, aber auch anderer Güter nicht verwehren können“, so Reinhard Müller der FAZ. Jeder Bürger sollte sich also dem entsprechend selbst fragen, wem er sich digital öffnet, um sich nicht völlig digital auszuliefern, denn nichts bleibt geheim.

Wer hier scheinbar gelassen unbedingt bemerken will, dass er nichts zu verbergen habe, sollte sich hinsichtlich der Gefahr der Vernetzung all seiner persönlichen Daten wie Fotos, Essensgewohnheiten, Urlaubsziele, sportliche Vorlieben, Lieblingsrestaurant, emotionale Äußerungen auf Facebook oder via Twitter veröffentlicht etc. einmal wirklich Gedanken machen. Es geht um den Missbrauch und die Konstruktion falscher Persönlichkeitsbilder, denen schon so mancher zum Opfer gefallen ist. Wenn der Geschäftstermin im Ausland nicht stattfinden kann, weil die Einreise aufgrund von falschen Rückschlüssen plötzlich nicht genehmigt wird, mag die Äußerung, dass ich nichts zu verbergen habe, nicht hilfreich sein.

Aktuelle Diskussionen über den Internetskandal erhöhen nun den Druck auf den EU-Datenschutz. Das Lobbying von US-Internetfirmen rückt damit in ein anderes Licht und bewegt EU-Parlament und EU-Kommission dazu, Widerstand gegen strengere Datenschutz-regeln zu brechen.

In der gestrigen Talkrunde von Maybrit Illner zum Thema der totalen Kontrolle statt Freiheit prallten Welten aufeinander, nämlich jener, in der weiterhin Freiheit und Privatheit zählen und einer anderen, in welcher zum Schutz vor Kriminalität und Terror der Staat fast alles darf. In der Welt, in welcher der Staat zum Schutz vor Kriminalität und Terror Daten über Daten analysiert und auswertet, sind Algorithmen und deren zugrundeliegenden Vergleichsmuster nicht wegzudenken.

RAF-Ermittler des Bundeskriminalamt setzten dieses Verfahren schon ein. So lautete das Vergleichsmuster damals, dass Verdächtige ihren Strom bar bezahlen und das es sich um türkische Nationalisten, Schutzgelderpresser und Psychopathen handle. Rund 30 Millionen Bundesbürger fielen damals in das Suchraster der Ermittler und standen damit unter Mordverdacht. Muss also, wer nichts zu verbergen hat auch wirklich nichts befürchten? In der Welt der Algorithmen und der Rasterfahndung gibt es keine Unschuldsvermutung mehr.

Sicherheit habe im demokratischen Rechtsstaat stets der Freiheit zu dienen und sei kein Selbstzweck, so Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bei Illner. "Wenn ich bei allen Spuren, die ich im Netz hinterlasse, damit rechnen muss, dass sie abgeschöpft werden, bin ich nicht frei." Sie fordert einen Rahmen europäischen Rechts für den Datenschutz, den es von den Amerikanern abzuverlangen gilt. Überwachung ist jedoch kein exklusives US-Phänomen, so Christoph Lixenfeld von CIO. Michael Kamps, Anwalt für Informationsrecht bei CMS Hasche Sigle, Berlin, stellt klar, dass auch deutsche Geheimdienste befugt sind, Telekommuni-kationsdaten zu überwachen.

Laut der US-Internetzeitung Huffing Post haben mehr als eine Million Menschen in den USA, die nicht bei der Regierung angestellt sind, Zugang zu vertraulichen und geheimen Daten. Eduard Snowden, Whistleblower und Urheber der umfänglichen Diskussionen über PRISM war Mitarbeiter der Consultingfirma Booz Allan Hamilton.

Und auch diese Woche liegt der Schwerpunkt in der Berichterstattung hinsichtlich Datenschutz auf PRISM und Co. Diskutiert und ganz unterschiedlich bewertet werden die immer neuen Enthüllungen von Snowden und anderen.

"Dem Begriff des Datenschutzes fehlt alles, woraus sich politische Forderungen ableiten ließen", schreibt Ulrich Clauß in der WELT, während seiner Meinung nach die staatlichen Kontrollorgane und die Digitalwirtschaft längst zusammengewachsen sind. Dieser gewagten These liegt die übliche Praxis der präzisen und umfassenden Beobachtung der weltweiten Kommunikation durch staatliche Kontrollorgane zugrunde. In diesem Sinn sind Snowdens Enthüllungen gar keine. Sicherheit und Datenschutz stehen sich hier gegenüber.

Während der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus die Suche nach verdächtigen Mustern im weltweiten Datenverkehr als eine der wenigen vorbeugenden Maßnahmen dient, erobern Geschäftsmodelle der Digitalwirtschaft den Markt eben durch die Vermarktung privater Daten. Sicherheits- und wirtschaftspolitische Interessen begegnen sich und beugen das Grundprinzip der "informationellen Selbstbestimmung". "Diversity Management" im Kontext moderner Sicherheitsstrategien sorgt für kontrollierte Vielfalt.

Johnny Haeusler, Netzexperte und Mitbegründer des netzpolitischen Kongresses Republica, formuliert seine Antwort auf die Frage hin, wie denn Grundrechte auch im Netz heute noch sichergestellt werden können, deutlich. "Gar nicht. Das Internet ist kaputt. Für immer. "

Und wieder berichten die Medien über Daten auf Abwegen. Während ein Telekommunikations-anbieter in einigen Fällen sogenannte Verkehrsdaten von Kunden mit Flatrate-Tarif länger gespeichert hatte, als es erlaubt war und dem Prinzip der Datensparsamkeit nicht entsprach, weil er auch Geo-Daten von Handygesprächen und mobilen Internetzugriffen registrierte, verschickte eine Krankenkasse falsche Patientendaten. Fast täglich sind solche Meldungen zu vernehmen.

Nicht verloren gehen können häufig jedoch Arbeitnehmerdaten in IT-Systemen von Unter-nehmen, denn mit den derzeitig genutzten Softwareprogrammen können diese Informationen nicht regelkonform gelöscht werden, so das Ergebnis einer Marktbeobachtung durch ROC Deutschland. Die Verzögerungen beim Gesetzgebungsverfahren zum neuen Arbeitnehmer-Datenschutz Anfang dieses Jahres sollten von der Unternehmensleitung genutzt werden, sich auf künftige Anforderungen hinsichtlich ordnungsgemäßer Verwaltung und entsprechenden Löschpflichten vorzubereiten.